Work-LIFE-Balance:

„Life kann auch anstrengend sein“
Abhängig von den privaten Verpflichtungen kann Life anstrengender sein als Arbeit. Essenziell ist es daher - so Dr. Denis Mourlane - mindestens so viel Energie zu tanken, wie wir verbrauchen. Andernfalls droht das Burnout. Die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit braucht den bewussten Umgang mit der eigenen Zeit, Delegation, Selbstorganisation, Nein sagen und „digitale Disziplin“.
Wie sehr prägt das Menschsein die Work-Life-Balance – vor allem den „Life“-Aspekt?
Dr. Denis Mourlane: In Westeuropa leben wir in einer Welt unzähliger Möglichkeiten. Wir können uns theoretisch 24 Stunden am Tag mit Arbeit, Shoppen, Fernsehen, Urlaubplanung, Hauskauf, Social Media etc. beschäftigt halten. Viele Menschen haben darüber verlernt, auch mal abzuschalten, das Leben und den Moment wirklich zu genießen. Ich glaube, dass viele Menschen das erst wieder lernen müssen, denn es ist etwas sehr Wichtiges im menschlichen Dasein.
Wie muss folglich „Life“ in Work-Life-Balance generell definiert werden? Wie sieht das empfehlenswerte Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit aus?
Mourlane: Ich trenne diese beiden Begriffe nicht so gerne, weil „Life“ Freizeit suggeriert und „Work“ Anstrengung. Das Leben, im Sinne von Life, kann aber auch sehr anstrengend sein und die Arbeit eher entspannend. Wenn ich gerade ein Haus baue und zwei kleine Kinder habe, ist mein Privatleben voller Anstrengung. Da kann es sogar sehr entspannend sein, bei der Arbeit zu sein. Ich habe schon Menschen getroffen, die eine Stunde länger bei der Arbeit geblieben sind, weil sie wussten, wieviel Stress sie zu Hause erwartet (lacht). Es geht aus meiner Sicht vielmehr darum, einen guten Energiehaushalt zu haben, also mindestens so viel Energie zu tanken, wie wir verbrauchen. Machen wir das nicht mehr, brennen wir langsam oder schnell aus. Daher auch der Begriff Burn-Out.
Kann es überhaupt eine Trennung zwischen Beruf und Freizeit geben – in Zeiten der 24/7-Erreichbarkeit?
Mourlane: Das denke ich schon. Es hängt ja auch davon ab, ob ich selbst diese Erreichbarkeit zulasse. Wenn ich während meines Urlaubs in den Auto-Responder schreibe, dass ich mobil jederzeit erreichbar bin, lasse ich selbst diese Erreichbarkeit zu. Ich habe in meinem Berufsleben zahlreiche hochrangige Führungskräfte getroffen, denen es - trotz ihrer ganzen Verpflichtungen - gelungen ist, mal zwei Wochen im Urlaub abzuschalten. Der bewusste Umgang mit der eigenen Zeit, Delegation, Selbstorganisation, Nein sagen und „digitale Disziplin“ sind hier die entscheidenden Instrumente und Strategien.
Welche Änderungen sind aufgrund der neuen Arbeitsmodelle (New Work etc.) hinsichtlich des Life-Aspektes zu erwarten?
Mourlane: Wir Selbständigen sind es schon lange gewohnt, auch zu Hause zu arbeiten, uns entsprechend selbst zu steuern und das Arbeiten irgendwann zu beenden. Das sind viele Festangestellte nicht und so müssen sie dies gegebenenfalls noch lernen. Ich kann aber aus eigener Erfahrung versprechen, dass man es tatsächlich lernen kann.
PHOENIX print 01/22 - WORK. Life. Balance.
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