Dr. Fritz Gamerith:

Typen von Mitarbeitern kennen
Mit Trennung von Arbeit und Freizeit im 20. Jahrhundert wurde die Theorie zu Mitarbeitertypen erstmals sichtbar. Dr. Fritz Gamerith, Geschäftsführer von Schwabe Austria, spricht aus der gelebten Praxis im Pharmaunternehmen im Jahr 2022.
Wie definieren Sie "gesundes Arbeiten"?
Arbeiten ist dann gesund, wenn man nach getaner Arbeit zufrieden ist. Das ist für mich die treffendste Definition.
Ist Work-Life-Balance heute überhaupt noch zeitgemäß? Oder ist der Shift hin zu Work-Life-Integration das Gebot der Stunde?
Work-Life ist das, was die Gesellschaft seit Jahrhunderten mehr oder weniger erfolgreich macht. So gab es beispielsweise in der bäuerlichen Gesellschaft einen fließenden Übergang zwischen Arbeit und Freizeit. Erst im 20. Jahrhundert ist es zu einem Wandel gekommen und Arbeit und Freizeit wurden getrennt. Demnach ist dieses Konzept nichts Neues. Allerdings kommt es immer darauf an, was der Einzelne daraus macht und wie er damit umgeht. Daraus leiten sich in der Folge auch die individuellen Vor- und Nachteile des Konzeptes ab.
Wie kann die ideale Balance zwischen Arbeit und Freizeit des Mitarbeiters generell gelingen - vor allem in Zeiten der 24/7-Erreichbarkeit? Wie kann man Arbeitnehmern den Druck der ständigen Erreichbarkeit nehmen?
Grundsätzlich gilt, dass niemand länger als neun Stunden produktiv sein kann. Daran ändert auch eine ständige Erreichbarkeit nichts. Es gilt, während des definierten Zeitraums, der der Arbeitszeit entspricht, erreichbar zu sein - und nicht darüber hinaus.
Demnach sind also manche Maßnahmen zweischneidig und geeignet, in das Privatleben einzudringen? Stichwort: Homeoffice, Work-Life-Blending.
Ja, durchaus. Hier kommen wieder die verschiedenen Menschen - und damit Arbeitstypen ins Spiel. Also: Wer schafft es, Arbeit und Freizeit gut voneinander zu trennen, wer nicht? Für manche stellt Homeoffice auch einfach nicht die riesige Erleichterung dar: Beispielsweise ist Homeoffice für Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern wahrscheinlich eine Marter. Für diese Personen kann es möglicherweise sogar einfacher und besser sein, ins Büro zu gehen. Kurz: Die Arbeitswelt ist individueller geworden und so auch die Führungsarbeit.
Wie bleibt bei Schwabe individuelle Leistung trotz Homeoffice & Co sichtbar? Sehen Sie durch Homeoffice einen steigenden Leistungsdruck auf Arbeitnehmer?
Tatsächlich wird die individuelle Leistungsbeurteilung im Homeoffice schwieriger. Ich kann nur noch das Ergebnis beurteilen, nicht den Weg, den jemand gegangen ist, um dorthin zu kommen. Homeoffice ist aber auch nicht immer ein lobenswerter Aspekt, denn es gibt sehr wohl Arbeitnehmer, die es missbrauchen. Als Führungskraft muss ich definitiv intensiveren Kontakt mit meinen Mitarbeitenden pflegen, wodurch sich auch die Kommunikationsarbeit der Führungskraft intensiviert. Das klassische Go-and-See lässt sich nicht mehr problemlos umsetzen, sondern muss bewusst organisiert werden. Anders ausgedrückt: Neues und Kreatives braucht die physische Präsenz im Team; das ‚simple‘ Abarbeiten von Bekanntem lässt sich im Homeoffice realisieren.
Wie unterstützt Schwabe die Mitarbeiter dabei, die richtige Balance zu finden?
Wir haben unsere Mitarbeitenden vor allem während der Lockdowns bewusst mit Coachings unterstützt. Diese umfassten Themenfelder wie mentale Gesundheit, Augen- oder Rückenfitness. Allerdings haben wir mit dieser Maßnahme nicht alle erreicht. Im Rahmen der ‚Great place to work‘-Initiative wurden auch explizit Homeoffice-Aspekte abgefragt. Sobald die Auswertung final vorliegt, haben wir ein klareres Bild davon, was wir diesbezüglich noch optimieren oder verbessern können.
PHOENIX print 3/2022 – Work. LIFE. Balance.
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